DailyReport #Outlook


Die Energiemärkte zeigen sich nach der Waffenruhe in Nahost weiter abwärtsgerichtet. Die Risikoprämien des Israel-Iran Kriegs wurde inzwischen mehr als ausgepreist und die Märkte notieren unterhalb des Preisniveaus vom 13. Juni 2025. Dies dürfte auch auf das spekulative Verkaufsinteresse der Investmentfonds zurückzuführen sein. Mittelfristig bleiben jedoch die Aufwärtsrisiken bezüglich eines heißen und trocknen Sommers, Korrosionsrissen an französischen Kernkraftwerken und niedriger Gasspeicherstände bestehen.
Bearishe Marktfaktoren
Geopolitische Entspannung dämpft Risikoaufschläge
Die zuletzt verkündete Waffenruhe im Nahen Osten zeigt weiterhin Wirkung an den Energiemärkten: Die geopolitisch bedingten Risikoaufschläge werden weiter ausgepreist. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sieht als Ergebnis des Krieges mit dem Iran neue Chancen für Friedensabkommen. „Neben der Befreiung der Geiseln und der Niederlage der Hamas gibt es ein Zeitfenster, das nicht verpasst werden darf.“
Blockade in Brüssel bremst weitere Sanktionsmaßnahmen
Ein weiterer preisdämpfender Faktor für die Energiemärkte ist die vertagte Verabschiedung des 18. EU-Sanktionspakets gegen Russland. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico hat auf dem jüngsten EU-Gipfel seine Zustimmung an Bedingungen geknüpft: Nur wenn die Europäische Kommission langfristige Garantien für die slowakische Gasversorgung über das Jahr 2027 hinaus bereitstellt, werde Bratislava grünes Licht geben. Ein Beschluss auf Botschafterebene wird nun frühestens in der kommenden Woche erwartet. Die Verzögerung schürt Zweifel an der Handlungsfähigkeit der EU und signalisiert den Märkten, dass neue Sanktionsmaßnahmen – etwa gegen russische LNG-Importe oder Ölverladungen – nicht unmittelbar zu erwarten sind. Damit entfällt vorerst ein potenziell bullisher Impuls für europäische Energiepreise. Vielmehr bestätigt sich das Bild einer EU, die zunehmend auf nationale Eigeninteressen Rücksicht nehmen muss.
Hohe Long-Position der Spekulanten im Gasmarkt
Ein bearishes Thema bleibt weiterhin die hohe Long-Position der Spekulanten im Gasmarkt. Allein in der letzten Woche stieg die Netto-Long-Position um 51 TWh, nach einem Zuwachs von 27 TWh in der Vorwoche. Insgesamt beläuft sich die Netto-Long-Position nun auf 190 TWh. Die absolute Long-Position beträgt sogar 410 TWh. Nach dem massiven Down-Gap von Montag auf Dienstag in dieser Woche dürften also große Verluste in den Büchern entstanden sein. Es ist anzunehmen, dass sich die Investmentfonds aktuell sukzessive von ihren Position an der ICE Endex trennen, diese also kontinuierlich abbauen und damit den Verkaufsdruck am Gasmarkt erhöhen. Das könnte der maßgebliche Treiber an den Märkten zurzeit sein. Denn mit Blick in den Juli dominieren ansonsten die bullishen Faktoren, mit der bevorstehenden Hitzewelle, gedrosselten KKW-Verfügbarkeiten in Frankreich, LNG-Spread zu Asien (US-Gasexporteure favorisieren Asien als Zielland) und leeren Gasspeichern.
EUAs stehen auf Schlüsselzone
Bei den EUAs (Dez-25-Future) richtet sich der Blick derzeit mit Spannung auf die psychologisch wie charttechnisch bedeutende Marke von 70,00 Euro/t CO2. Hier verläuft nicht nur eine horizontale Unterstützung, sondern auch die 200-Tage-Linie (SMA200), die aktuell bei 70,15 Euro/t CO2 notiert. Ein Bruch dieser Schlüsselzone würde das Chartbild weiter eintrüben und Folgeabgaben in Richtung 67,95 Euro/t CO2 (50 %-Retracement) wahrscheinlich machen. Darunter befindet sich das 61,8%-Fibonacci-Retracement bei rund 66 Euro/t CO2, wo eine Stabilisierung zu erwarten wäre. Die EUAs orientieren sich nun wieder stärker am Gasmarkt und der scheint weiter abzugeben. Der Preisdruck auf Strom würde sich zusätzlich erhöhen, wenn die 70-Euro-Marke bei CO2 fällt. Am heutigen Freitag macht der Dez-25-Future ein neues Verlaufstief und handelte zuletzt bei 70,12 Euro/t CO2.
Bullishe Marktfaktoren
Strukturelle Risiken bei französischen KKW
Die Untersuchungen des französischen Energiekonzerns EDF zu Spannungsrisskorrosion an mehreren Reaktoren schreiten nur langsam voran. Angesichts der hohen Komplexität kerntechnischer Anlagen ist die verzögerte Ursachenklärung zwar nachvollziehbar – doch mit Blick auf die Versorgungssicherheit bleibt das Risiko signifikanter. Da viele Reaktoren in Frankreich auf derselben Bauweise basieren, könnten sich etwaige sicherheitsrelevante Befunde schnell systemisch auswirken. Eine beschleunigte Analyse wäre deshalb geboten. Sollte es zu Stillständen kommen, hätte dies weitreichende Auswirkungen auf das europäische Stromangebot – insbesondere in Zeiten erhöhter Last durch Hitzeperioden oder bei niedriger Erneuerbaren-Erzeugung.
Heißer und trockener Sommer
Mit dem Fortschreiten des Sommers steigt auch das Risiko witterungsbedingter Angebotsengpässe. Prognosen deuten weiterhin auf überdurchschnittlich warme und trockene Witterungsverhältnisse in weiten Teilen Europas hin. Der Monatswechsel soll mit einer erneuten Hitzewelle einhergehen. Auch die Erneuerbaren wirken dem nicht entgegen. Während die Solareinspeisung noch bis Anfang Juli überdurchschnittlich bleibt und dann auf Normalwerte zurückfallen soll, werden für die Windeinspeisung zum Monatswechsel unterdurchschnittliche Werte erwartet. Die heißen Temperaturen beeinträchtigen nicht nur den Wasserstand wichtiger Flüsse und damit die Kühlwasserversorgung thermischer Kraftwerke, sondern führen auch zu erhöhtem Stromverbrauch durch Klimatisierung. Zugleich belasten mögliche Produktionsausfälle bei Wasserkraft oder Schwierigkeiten in der Kohlelogistik über die Binnenwasserstraßen die Angebotsseite.
Asien wieder mit LNG-Preisprämie gegenüber Europa
Der Preisabstand zwischen dem asiatischen JKM und dem europäischen TTF ist zuletzt wieder deutlich angestiegen. Damit präsentiert sich Asien erneut als Premiummarkt für LNG. Infolge der höheren Zahlungsbereitschaft dürften künftig vermehrt LNG-Lieferungen in Richtung Asien umgelenkt werden – zulasten der europäischen Anlandungen.
Flexiblere Speicherregeln verschieben Preisrisiken
Der jüngst im EU-Parlamentsausschuss beschlossene Vorschlag für flexiblere Regeln bei der Gasspeicherung verfolgt das Ziel, Spekulation zu unterbinden. Allerdings erhöhen die neuen Regeln das Risiko, dass die Gasspeicher bis zum Winter nicht ausreichend befüllt werden. Im Falle eines kalten Winters kann es eng werden. Die Risiken verschieben sich in das nächste Jahr.
Ein großes Rätsel bleibt weiterhin der deutsche Gasspeicher Rehden. Dieser ist nach wie vor so gut wie leer. Die Befüllung scheint sich wirtschaftlich nicht zu rentieren, obwohl sich die Winter-Sommer-Spreads zuletzt weiter verbessert haben. Während im letzten Jahr im Juni 224 GWh eingespeichert wurden, sind es im Juni 2025 bislang nur 10 GWh. Solange keine Klarheit über die Ursachen der geringen Speicheraktivität in Rehden besteht, bleibt ein Risikoaufschlag in den Winterkontrakten gerechtfertigt.
Entspannung im transatlantischen Handelskonflikt
Die Einigung von rund 140 Staaten auf eine globale Mindeststeuer – verbunden mit dem Verzicht der US-Regierung auf Strafmaßnahmen gegen europäische Firmen – wurde von den Finanzmärkten positiv aufgenommen. Die Bereitschaft der Trump-Regierung, im Gegenzug auf eine geplante Strafsteuer zu verzichten, verbessert die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und stärkt die Resilienz der Industriekonjunktur in Europa. Auch im Zollstreit mit den USA gibt es Fortschritte: Washington hat der EU einen neuen Vorschlag unterbreitet, über den nun im EU-Gipfel beraten wird. Eine Eskalation ab dem 9. Juli scheint somit vermeidbar. Parallel zeigt sich auch eine vorsichtige Entspannung im Verhältnis zwischen den USA und China – insbesondere im strategischen Rohstoffbereich der Seltenen Erden.
Fazit
Derzeit überwiegen an den Energiemärkten die kurzfristigen Entspannungssignale. Die Waffenruhe in Nahost sorgt für Verkaufsdruck und lässt offenbar auch die Spekulanten ihre Long-Positionen im Gasmarkt wieder abbauen. Hinzu kommen mögliche charttechnische Verkaufssignale. Sollte bei den EUAs die 70-Euro-Marke unterschritten werden, würde sich das Chartbild weiter eintrüben und das Verkaufsinteresse erhöhen. Dennoch bleibt festzuhalten, dass mit Blick in den Juli ansonsten die bullishen Faktoren dominieren, mit der bevorstehenden Hitzewelle, gedrosselten KKW-Verfügbarkeiten in Frankreich, LNG-Spread zu Asien (US-Gasexporteure favorisieren Asien als Zielland) und leeren Gasspeichern. Wir befinden uns am diesem Freitag nach stärkeren Preisrückgängen in dieser Woche auf relevanten charttechnischen Supports. Wir gehen zunächst nicht davon aus, dass die Preise vor dem Wochenende weiter fallen und nehmen kurzfristig eine neutrale Sichtweise an.
Hedging View
Das TTF Gas Cal 26 testet am Freitag erneut das Dienstagstief bei 33,73 Euro/MWh, welches simultan das Verlaufstief vom 10.06. darstellt. Aufgrund der bestehenden Sommerrisiken halten wir ein Preisniveau mit einer „33 vor dem Komma“ weiterhin für geeignet, das Exposure in Teilen im Gas-Portfolio zu reduzieren. Im Bereich von 33 Euro/MWh kam im vergangenen Jahr regelmäßig Kaufdruck auf. Darunter warten weitere Supports bei 31,25 Euro/MWh und 30 Euro/MWh.
Das Strom Cal 26 Base fällt in der heutigen Eröffnung auf das markante Verlaufstief vom 02.06. bei 85,16 Euro/MWh. Dieses Niveau könnte sich bei Anzeichen einer preislichen Stabilisierung, bspw. in Form von Candlestick-Signalen, für Hedging-Aktivitäten anbieten. Ein Rutsch unter dieses Level wäre charttechnisch bearish zu interpretieren. Ein noch offenes Up-Gap wartet sodann im Bereich 82 Euro/MWh, wo sich der nächste Support befindet. Die 80-Euro-Marke gerät unterhalb von 85 Euro/MWh in Reichweite.
Bei den EUAs (Dez-25-Future) richtet sich der Blick derzeit mit Spannung auf die psychologisch wie charttechnisch bedeutende Marke von 70,00 Euro/t CO2. Hier verläuft nicht nur eine horizontale Unterstützung, sondern auch die 200-Tage-Linie (SMA200), die aktuell bei 70,15 Euro/t CO2 notiert. Ein Bruch dieser Schlüsselzone würde das Chartbild weiter eintrüben und Folgeabgaben in Richtung 67,95 Euro/t CO2 (50 %-Retracement) wahrscheinlich machen.

Unser Analyse-Team
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