US-Konjunktur: Die Finanzmärkte verkennen den Ernst der Lage

May 17, 2025

Anlässlich der jüngsten US-Datenflut gegen Ende der Woche soll diese an dieser Stelle bewertet werden:

In den letzten Wochen ist das Gros der wichtigen Konjunkturdaten überwiegend besser ausgefallen als der Konsens erwartet hatte. Dies beschränkte sich nicht nur auf Daten aus China, Indien oder Deutschland, sondern galt auch für die Vereinigten Staaten von Amerika. Zu nennen wären hier der robuste US-Arbeitsmarktbericht, der stabile US-Einzelhandelsumsatz oder die überraschende Stimmungsaufhellung im US-Dienstleistungsgewerbe jeweils für April. Gepaart mit überraschend konstruktiven Ergebnissen der Handelsgespräche zwischen den USA und China am letzten Wochenende trieb dies die Aktienkurse und damit auch die Notierungen der EUAs und Strom Base Cal 26 spürbar nach oben. Vor diesem Hintergrund könnte man fast denken, der Spuk um die Zollkonflikte sei vollständig beigelegt und die Volkswirtschaften haben „goldene Jahre“ vor sich.

Fast, denn dies wäre unseres Erachtens ein Trugschluss. Nicht nur, dass die durchschnittlichen US-Zölle mit knapp 18 Prozent nach wie vor auf dem höchsten Stand seit 1934 sind, sondern der ökonomische Schaden der zuvor noch höheren Zölle ist bereits angerichtet. So sollte nicht übersehen werden, dass die Konjunkturdaten lediglich besser ausgefallen sind als erwartet. Absolut betrachtet läuft es aber nirgendwo rund, weil die Probleme vom Jahresanfang nicht verschwunden sind und sich durch die Zollaktionen der USA Anfang April sogar noch einmal massiv verschärften. Dies kann an zahlreichen Stimmungsbarometern abgelesen werden. Exemplarisch hierfür haben wir das Verbrauchervertrauen, das von der Universität Michigan monatlich erhoben wird samt der Inflationserwartungen grafisch ausgewählt. Anhand der linken Graphik ist zu erkennen, dass mit dem wiederholten Rückgang im Mai auf nun nur noch 50,8 Punkte die Stimmung der Verbraucher extrem schlecht ist, noch schlechter als zurzeit der Finanzkrise. Gleichzeitig schnellten wegen der US-Zölle die Inflationserwartungen auf Sicht von 1 Jahr auf 7,3 Prozent in die Höhe (rechte Graphik). Man muss schon bis zum Mai 1981 zurückgehen, um den gleichen Wert zu finden. Die Stimmungseintrübung beschränkt sich allerdings nicht auf die Verbraucher. Auch im Baugewerbe ist die Laune sehr gedrückt. So brach der NAHB/Wells Fargo Housing Market Index im Mai von bereits niedrigem Niveau aus um nicht weniger als 6 Punkte auf nur noch 34 Punkte ein. Und im Gegensatz zu den großen Firmen trübt sich auch die Stimmung unter US-Kleinunternehmen weiter ein, was der Rückgang des NFIB-Index im April um 1,6 auf 95,8 Punkte bestätigte, da gerade die Kleinunternehmen deutlich mehr Waren einführen als exportieren. Auch die jüngsten Ergebnisse der Unternehmensbefragungen aus Philadelphia und New York im Mai waren alles andere als robust ausgefallen.

Nun könnte eingewendet werden, dass sich der Zollkonflikt lösen werde und damit die Euphorie an den Finanzmärkten und damit auch die Verteuerung der Rohstoffe oder EUAs gerechtfertigt sei. Aber auch wenn die jüngsten Stimmungsumfragen die zeitlich befristete Einigung zwischen den USA und China noch nicht beinhalten, ist das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Die US-Wirtschaft hängt traditionell vor allem am Wohnungsbau und am privaten Verbrauch und lässt sich somit nicht wie Deutschland oder China vom Ausland ziehen. Da gerade diese beiden Bereiche schon jetzt besonders unter den Zöllen leiden, werden die dazugehörigen harten Daten, die aktuell überwiegend noch ganz gut aussehen – auch weil die Regale mit Beständen aus den Lagerhallen aufgefüllt werden können -, im Jahresverlauf weiter massiv an Schwung verlieren. Spätestens dann - wohl aber schon früher - wird die Stimmung an den Finanz- und damit Rohstoffmärkten drehen. Das Positive daran wäre, dass der Finanzmarkt der Einzige ist, der US-Präsident Trump Einhalt gebieten kann. Dies war auch schon der Fall, als die US-Zollankündigung die US-Renditen spürbar ansteigen und die Aktienmärkte sowie den US-Dollar merklich fallen ließen. Diese Sprache versteht jeder Politiker, gerade in den USA.