Ölpreis reagiert nach wie vor kaum auf überraschend gute Wirtschaftsdaten

July 17, 2025

Überraschungen sind das Salz in der Börsensuppe. Nichts lässt die Notierungen an den Finanz- und damit Rohstoffmärkten weniger kalt als allseits Bekanntes. Vor diesem Hintergrund arbeiten (auch) wir mit einem eigenen „Surprise-Index“, der die Abweichungen der Ist-Werte vom Konsens misst und sie der auserwählten Finanzmarktvariablen – in diesem Fall Erdöl Brent Frontmonat – gegenüberstellt. Dies funktioniert in der Regel deshalb gut bis sehr gut, da an den Rohstoffmärkten im Trend die Nachfrage für die Preissetzung dominiert, wie zahlreiche Studien belegen.

In unseren „Surprise-Index“ gehen Konjunkturdaten aus den USA, China, Japan, der EU (vor allem Deutschland und Frankreich), Brasilien, Indien und Taiwan ein. Man erkennt anhand der Graphik, dass die Brent-Notierungen und der Surprise-Index bis Anfang April dieses Jahres weitgehend in die gleiche Richtung tendierten. Mit der US-Zollankündigung am 2. April lösten sich allerdings beide Reihen voneinander, was gut nachvollzogen werden kann. Würde man die sehr volatile Phase zurzeit des Angriffs Israels auf den Iran unter späterer Beteilung der USA im Juni ausblenden, würde man erkennen, dass Erdöl Brent unserem „Surprise-Index“ seit Anfang Mai nur zögerlich folgt. Dies ist auch am aktuellen Rand nicht anders. So haben vom 15. bis 17. Juli die acht von uns betrachteten US-Konjunkturdaten (wichtige Variablen aus anderen Ländern wurden in den letzten drei Tagen nicht veröffentlicht) allesamt und zum Teil erheblich überrascht. Dies galt heute zum Beispiel für den US-Einzelhandelsumsatz für Juni (Ist: +0,6% ggü. Vormonat; erwartet: +0,1%) und das Stimmungsbarometer des Verarbeitenden Gewerbes aus der Region Philadelphia für Juli (Ist: +15,9 Punkte; erwartet: -1,0 Punkte). Rohöl Brent ignorierte bislang zudem auch die US-Drohungen gegen China und Indien, die nach wie vor russisches Erdöl beziehen.                    

Wie immer, wenn etwas nicht sofort schlüssig erklären werden kann, begibt man sich auf die Suche nach vermeintlichen Gründen. Oftmals ist dies dann zwar lediglich ein „Erklären im Nachhinein“, im aktuellen Fall könnte jedoch das üppige Rohölangebot, welches von der OPEC+ in Kürze noch weiter erhöht werden dürfte, ein möglicher Erklärungsansatz für die relative Schwäche des schwarzen Goldes sein. Darüber hinaus misstraut Rohöl Brent offenbar dem aktuellen Schein (nicht nur) der US-Wirtschaft, so dass dieses auch deutlich hinter den relevanten Aktienindizes zurückblieb. Wie dem auch sei, vertrauenerweckend ist das Bild, das Brent derzeit abgibt, jedenfalls nicht und die Korrelation zu den anderen fossilen Brennstoffen und zu den EUAs ist derzeit nicht gerade klein.