Hohe Korrelation von Öl zu Gas und Strom

July 17, 2025

Der Ölpreis (z. B. Brent) gilt als globaler Referenzwert für viele Energiemärkte und beeinflusst die Erwartungen der Marktteilnehmer hinsichtlich der allgemeinen Energiepreisentwicklung. Lange Zeit waren Gaspreise (insbesondere in Europa und Asien) direkt an den Ölpreis gekoppelt. Diese Kopplung ist in den Verträgen in Europa weitestgehend verschwunden. Dennoch gibt es Phasen, wie aktuell, wo die Korrelation zwischen Öl und Gas und damit Strom äußerst hoch ist, sodass Preisbewegungen beim Öl ähnliche Trends bei Gas und Strom nach sich ziehen. Der Korrelationskoeffizient zwischen dem TTF Gas Cal 26 und dem Brent Crude Frontmonat liegt derzeit bei 0,9 (siehe Chart 1). Gerade in Phasen geopolitischer Unsicherheit orientieren sich Gashändler oftmals am Ölmarkt. Der Ölpreis fungiert insofern als Frühindikator für Trends im Strom- und Gasmarkt, was ihn für Preisabschätzungen bei diesen Commodities immer noch relevant macht. 

Ölpreiskopplung in Asien

Zudem sind gerade in Asien langfristige LNG-Lieferverträge immer noch an den Ölpreis gekoppelt. Mit der Liberalisierung und Globalisierung des LNG-Markts (u. a. mehr Spot-Lieferungen, LNG-Handel) wurden immer mehr Verträge an Gashubs, wie den JKM in Asien (Japan Korea Marker) oder TTF in Europa gekoppelt. Laut Branchenberichten (z. B. IEA, IGU) lag 2023/2024 der Anteil der an Öl gekoppelten LNG-Importe in Asien immer noch bei rund 60 bis 70 Prozent, 2015 waren es noch fast 90 Prozent. Vor allem Japan, Südkorea und Taiwan nutzen noch die Ölpreisbindung, während China und Indien stärker auf Spot- und Hubpreise setzen.Von daher könnte der Blick auf die Charttechnik beim Brent Crude Frontmonat aktuell zielführend sein, um auch eine Preiserwartung für Gas und Strom daraus herzuleiten. 

Technische Analyse Brent Crude Frontmonat - Bearishe Flagge aktiviert

Der Brent Crude Frontmonat ist nach dem 12-Tage-Krieg zwischen Isreal und dem Iran von in der Spitze 81,40 USD/bbl am 23.06. bis auf 66,82 USD/bbl innerhalb von zwei Handelstagen in die Tiefe gerauscht. Das lokale Tief wurde am 01.07. bei 66,34 USD/bbl erreicht. In den letzten Handelstagen stabilisierten sich die Notierungen wieder und erreichten im Hoch am 14.07. mit 71,53 USD/bbl das 38,2%-Fibonacci-Retracement (71,73 USD/bbl). Die Erholung der letzten Tage kann daher als technische Gegenbewegung nach dem Kurseinbruch  interpretiert werden. In den letzten beiden Handelstagen fiel der Kurs unter den kurzfristigen Aufwärtstrendkanal und testet derzeit die Supportzone bei 68,68 USD/bbl. 

Rückgang des Ölpreises bis 60 USD/bbl?

Der kurzfristige Aufwärtstrendkanal, der jüngst gebrochen wurde, kann als “bearishe Flagge” interpretiert werden. Eine “bearishe Flagge” ist ein technisches Chartmuster, das auf einen möglichen weiteren Preisrückgang nach einer vorangegangenen Abwärtsbewegung hindeutet. Eine “bearishe Flagge” entsteht, wenn nach einem kräftigen Preisrückgang (dem sogenannten „Flaggenmast“) eine kurze Phase der Erholung folgt, die optisch einer kleinen, nach oben gerichteten Flagge ähnelt. Diese Konsolidierungsphase findet meist in einem parallelen, leicht aufwärtsgerichteten Trendkanal statt. Das Muster signalisiert, dass die vorherige Abwärtsdynamik wahrscheinlich bald fortgesetzt wird. Bricht der Preis nach unten aus der „Flagge“ aus, sehen Öl-Händler dies als Signal, auf weiter fallende Ölpreise zu setzen. Dazu sollte im Folgenden nun der Support bei 68 USD/bbl ebenfalls unterschritten werden. Im Nachgang sind Preisangaben bis 63 USD/bbl (61,85%-Fibo-Projektion) und 58 USD/bbl (100%-Fibo-Projektion) denkbar. Die bearishe Flagge wird indes negiert, wenn der Brentpreis über 71,53 USD/bbl ansteigt.

Realisiert sich die bearishe Flagge und fällt der Kurs für Brent Crude weiter zurück, sind aufgrund der hohen Korrelation ebenfalls Preisrückgänge bei Gas und Strom anzunehmen.