Heute fand die erste 15-MTU (Strom Day-Ahead-Auktion, vormals Core-Auktion um 12:00) in 15-Minuten-Granularität statt, mit Liefertermin zum 1. Oktober. Die Auktionsergebnisse kamen leicht verspätet, laut EPEX bestand jedoch kein Decoupling-Risiko. Für den Handelstag 01.10.2025 lag der Tagesmittelwert bei 116,57 Euro/MWh. Die Abendspitze betrug 408,5 Euro/MWh (19:00 bis 19:15). Damit beginnt eine neue Phase im europäischen Stromhandel: Der Wechsel von 1-Stunden- auf 15-Minuten-Produkte im SDAC markiert einen tiefgreifenden Strukturwandel, der sowohl die Preisbildung als auch die Handelsstrategien nachhaltig verändern wird.
Bislang war die Marktstruktur im europäischen Stromhandel so angelegt, dass die wesentlichen Volumina in der Day-Ahead-Core-Auktion um 12 Uhr gebündelt wurden. Diese Auktion bestimmte den Großteil der Fahrpläne und lieferte die zentralen Preissignale. Ergänzend folgte um 15 Uhr die Intraday Auction 1 (IDA1), die vor allem als Korrekturmechanismus diente. Ihr Volumen war im Vergleich zur Core-Auktion deutlich geringer, sie erfüllte jedoch eine wichtige Funktion für die kurzfristige Optimierung. Als letzte Optimierungsmöglichkeit verblieb der kontinuierliche Intraday-Markt, der bis kurz vor Lieferbeginn genutzt wurde, um Restabweichungen auszuhandeln und auf unvorhergesehene Veränderungen wie Prognosefehler oder technische Störungen zu reagieren.
Mit der Umstellung auf eine viertelstündliche Marktstruktur im Day-Ahead entfällt diese klare Staffelung zwischen Hauptauktion und Restoptimierung zunehmend. Viele Korrekturen, die bisher erst in der IDA1 oder im kontinuierlichen Intraday-Handel vorgenommen wurden, werden künftig bereits direkt im Day-Ahead-Preis berücksichtigt.
Gründe für die 15-Minuten-Umstellung
Die Umstellung auf 15 Minuten erfolgt, weil europäische Regeln und Vorgaben der Regulierungsbehörde ACER die Börsenbetreiber (NEMOs) und die Netzbetreiber (TSOs) verpflichten, Produkte in einer mit der 15-minütigen Bilanzierungsperiode konsistenten Zeitauflösung anzubieten. Eine einheitliche Zeitauflösung harmonisiert den europäischen Strommarkt, erleichtert das Market Coupling und verbessert grenzüberschreitende Handelsflüsse. Zudem werden intrastündliche Schwankungen von Wind und Photovoltaik künftig präziser in Fahrplänen und Preisen abgebildet, statt in Stundendurchschnitten zu verschwinden. Das verringert Bilanzkreisabweichungen und Regelenergiekosten und erhöht die Systemstabilität durch genauere Prognosen und Dispatch.
Auswirkungen auf die Strompreise
Durch die feinere zeitliche Auflösung wird die Preisbildung am Day-Ahead-Markt deutlich präziser. Statt eines einzigen Preises pro Stunde entstehen künftig vier unterschiedliche Preise, die die Verbrauchs- und Erzeugungslage jeder Viertelstunde widerspiegeln. Typische schnelle Produktionsanstiege und -abfälle, etwa die Solar-Rampen in den Morgen- und Abendstunden, dürften sich künftig direkt im Day-Ahead-Preis zeigen.
Ein Vorgeschmack ließ sich bereits 2014 beobachten, als die Viertelstundenauktion im deutschen Intraday-Markt eingeführt wurde. Dort zeigte sich ein markantes Zickzackmuster in der Preisbildung rund um die Mittagszeit, getrieben durch die schwankende PV-Einspeisung und Lastgradienten zum Stundenwechsel. Die damalige Erfahrung belegt, dass die Preissignale feiner und volatiler werden, sobald der Markt in kürzere Intervalle zerlegt wird.
Auswirkungen auf den kontinuierlichen Intraday-Handel
Bislang dominierten im Intraday-Handel auf der EPEX SPOT die Stundenkontrakte das Volumen, während Viertelstundenprodukte vor allem zur Feinausregelung genutzt wurden. Viele Trader bevorzugten Stundenprodukte aufgrund ihrer Einfachheit sowie ihrer Eignung für gröbere Abweichungen.
Mit der Umstellung auf eine viertelstündliche Marktstruktur im Day-Ahead-Markt ist zu erwarten, dass Viertelstundenkontrakte deutlich an Bedeutung gewinnen und faktisch zum neuen Standard werden. Eine stundenweise Korrektur eines viertelstundenscharfen Fahrplans wäre ungenau. Somit dürften Stundenprodukte an Attraktivität verlieren.
Ein weiterer Effekt könnte sich in einer sinkenden Intraday-Volatilität zeigen. Viele wiederkehrende Muster, etwa die PV-Rampen, würden bereits im Day-Ahead-Preis abgebildet. Der Intraday-Markt könnte sich stärker auf unerwartete Änderungen fokussieren, etwa auf Prognoseanpassungen wenige Stunden vor Lieferung. Das Handelsvolumen würde sich in diesem Fall noch stärker auf die letzten Stunden vor Lieferbeginn konzentrieren, in denen die neuesten Informationen über Wetter und Last verfügbar sind.