Die Terminpreise für TTF Gas zeigen sich bei den hinteren Jahreskontrakten Cal 2029 und Cal 2030 zuletzt stabil um 25 Euro/MWh. Diese Preisfestigkeit spiegelt das aktuelle Gestehungskostenband für US-amerikanisches LNG wider. Einschließlich Henry Hub, Verflüssigung und Transport dürfte es derzeit bei etwa 8 bis 9 US-Dollar/MMBtu liegen, was rund 24 bis 27 Euro/MWh entspricht. Aufgrund des steigenden US-Anteils am europäischen Gasmix stellt dies einen natürlichen Preisboden im europäischen Gasmarkt dar.
Pipelineabkommen zwischen Russland und China
Gleichzeitig fließt massiv Kapital in neue US-Projekte. Drei Anlagen haben bereits Final Investment Decisions (FID) erhalten, weitere dürften folgen. Europa bleibt auf zusätzliche LNG-Mengen angewiesen, da die eigene Produktion sinkt und russische Importe politisch unerwünscht sind. Allerdings birgt die Entwicklung auch ein Risiko eines möglichen Überangebots, insbesondere durch das jüngste Pipelineabkommen zwischen Russland und China, dessen zusätzliche Pipelinegaslieferungen die chinesische LNG-Nachfrage reduzieren könnten. Sollte zu viel US-Kapazität gleichzeitig in Betrieb gehen, könnten Spotpreise weltweit unter Druck geraten. Sinkende Margen für LNG-Offtaker könnten dann neue Projekte gefährden.
LNG-Preise unter Gestehungskosten denkbar
Im Falle eines tatsächlichen Überangebots können Marktpreise temporär unter die Gestehungskosten fallen, was in Rohstoffmärkten ein durchaus bekanntes Phänomen ist. Ursache hierfür sind oft Überkapazitäten, Nachfrageschocks oder aggressive Strategien zur Sicherung von Marktanteilen. 2014–2016 löste bspw. Saudi-Arabien bewusst ein Überangebot aus, indem es seine Fördermengen trotz fallender Preise nicht kürzte. Ziel war es, die damals boomende US-Shale-Industrie unter Druck zu setzen, da deren Vollkosten oft deutlich höher lagen. Der Preis für Brent-Öl fiel in dieser Phase von über 110 USD/Barrel (2014) auf unter 30 USD/Barrel Anfang 2016. Für viele Produzenten lagen die Erlöse damit klar unter den Vollkosten, aber noch über den Grenzkosten der kostengünstigsten Förderer. Diese Phase zeigte, wie geopolitische Marktanteilsstrategien Preise weit unter Gestehungskosten treiben können.
LNG-Preiskrieg?
Ein LNG-Preiskrieg à la Ölmarkt 2014–2016 ist ebenfalls denkbar. Besonders die USA könnten Exporte auch bei niedrigen Preisen aufrechterhalten, da das Gas als „By-Product“ der Ölproduktion anfällt und Förderkosten oft sehr niedrig sind. Für Käuferregionen wie Europa hieße das, dass Phasen sehr günstigen LNGs sind möglich. In solchen Phasen können die LNG-Preise bis auf die Grenzkosten sinken, während die Vollkosten nicht gedeckt werden. Es besteht also durchaus die Chance, dass die Preise auch am langen Ende der Gasterminkurve noch weiter nachgeben.