Nahost-Eskalation treibt die Märkte
Der Angriff Israels auf den Iran hat eine spürbare Reaktion an den Energiemärkten ausgelöst. Der Brent-Preis stieg zwischenzeitlich um über 10 Prozent – mit entsprechenden Aufschlägen bei Gas, Strom und EU-Emissionsrechten. Im Zentrum der Sorge steht die Straße von Hormus: Eine Blockade dieses Nadelöhrs könnte bis zu 21 Mio. Barrel Rohöl täglich gefährden. Analysten rechnen im Falle eines begrenzten Konflikts mit Brent-Preisen um 95 US-Dollar/bbl. Bei einem Verlust von 2 Mio. Barrel/Tag könnte die 100-Dollar-Marke überschritten werden; ein Totalausfall der Route ließe Preise über 150 Dollar/bbl erwarten.
Schließung der Straße von Hormus?
Die strategisch bedeutsame Straße von Hormus steht im Zentrum vieler geopolitischer Spannungsdebatten, doch eine tatsächliche Blockade erscheint bei genauerer Betrachtung unwahrscheinlich. Der Iran ist selbst in hohem Maße auf diese Meeresstraße angewiesen – sowohl für den Export seines eigenen Rohöls als auch für den Import lebenswichtiger Güter. Eine Sperrung würde somit nicht nur potenzielle Gegner treffen, sondern auch die eigene Wirtschaft empfindlich schädigen. Zudem wären auch Nachbarstaaten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Katar unmittelbar betroffen, da ein erheblicher Teil ihrer Ölexporte ebenfalls über diese Route läuft. Ein solcher Schritt könnte das regionale Gleichgewicht gefährden und hätte auch innenpolitische Auswirkungen in der Golfregion.
Hinzu kommt, dass ein massiver Anstieg der Ölpreise infolge einer Blockade unweigerlich globale Reaktionen hervorrufen würde – insbesondere vonseiten der USA. US-Präsident Donald Trump hat in der Vergangenheit wiederholt deutlich gemacht, dass er starke Ölpreisanstiege als Bedrohung für die US-Wirtschaft ansieht. Ein künstlich erzeugter Preisschock könnte ihn daher zu einer harten politischen oder sogar militärischen Reaktion veranlassen. Schließlich darf auch die technische und militärische Komplexität einer vollständigen Schließung nicht unterschätzt werden. Die Straße von Hormus ist rund 50 Kilometer breit, international überwacht und schwer dauerhaft zu blockieren. Selbst bei einem vorübergehenden Eingriff wäre die Reaktion der internationalen Gemeinschaft – insbesondere maritimer Großmächte – schnell und entschlossen zu erwarten. Eine vollständige und anhaltende Blockade bleibt damit eher ein theoretisches Drohszenario als eine realistische Option.
Angriffe auf Energieanlagen
Israel hat allerdings am Wochenende iranische Energieanlagen attackiert, darunter Anlagen im South-Pars-Gasfeld, einem der größten Gasfelder der Welt. Das dürfte zu Gegenreaktionen des Iran führen. Das Regime in Teheran wird alles dafür tun, an der Macht zu bleiben. Es hat allerdings nur noch wenig Mittel, Israel effektiv zu schaden. Um dennoch Handlungsfähigkeit nach innen zu demonstrieren, könnte der Iran Energie- oder Hafenanlagen in Nachbarländern wie Saudi-Arabien oder Katar angreifen, weil diese Israel und den USA vermeintlich freundlich gesinnt sind.
Aus Sicherheitsgründen hat Israel bereits am Freitag den Betrieb von zwei seiner vier wichtigsten Gasfelder im Mittelmeer eingestellt. Das verschärft den globalen LNG-Wettbewerb weiter: Ägypten, lange Zeit Empfänger von israelischem Gas und LNG-Exporteur – wird ab sofort zum Nettoimporteur. Vergangene Woche wurden bereits Verträge über 150 bis 160 LNG-Frachten bis 2026 abgeschlossen, angesichts der jüngsten Entwicklungen könnte weiterer Bedarf entstehen. Das entzieht dem Weltmarkt relevantes Volumen.
Fazit
Der Krieg wird noch eine Weile andauern und das Risiko für die Energiemärkte ist diesmal deutlich höher einzuschätzen als bei vorherigen Krisen im Nahen Osten in den letzten Jahren. Das Regime im Iran könnte an einen Punkt kommen, wo es tatsächlich ums Überleben kämpfen muss. Schon jetzt steht es schwächer da denn je. Das Beispiel Syrien zeigt, dass sich solche Prozesse über Jahre hinziehen können, es dann aber auch urplötzlich zur Implosion eines Regimes kommen kann.