Der europäische Energiemarkt blickt erneut nach Brüssel. Kurz vor Beginn der UN-Klimakonferenz COP30 in Brasilien hat sich die EU auf eine Anpassung ihrer Klimaziele geeinigt. Die EU-Klimaminister beschlossen eine Emissionsminderung um 90 Prozent bis 2040 gegenüber 1990. Bis zu 5 Prozent dieser Reduktion dürfen jedoch über internationale CO2-Zertifikate erfolgen, wodurch der tatsächliche inländische Minderungsbeitrag auf rund 85 Prozent sinkt. Eine zusätzliche Nutzung solcher Zertifikate über weitere 5 Prozent wird für die Zukunft geprüft. Auch ein Zwischenziel für 2035 wurde beschlossen, mit einer Reduktionsspanne zwischen 66,25 und 72,5 Prozent. Die ursprüngliche Empfehlung der EU-Kommission sah eine striktere Zielsetzung mit maximal 3 Prozent Auslandszertifikaten vor.
Zudem soll der Start des neuen Emissionshandelssystems für Gebäude und Straßenverkehr (ETS2) um ein Jahr auf 2028 verschoben werden. Hintergrund sind Sorgen über mögliche Preissteigerungen für Bürger und die Notwendigkeit eines stabilen Preissignals für CO2-Zertifikate. Die EU-Kommission will daher noch 2025 Maßnahmen vorschlagen, darunter einen früheren Start der Auktionen und Anpassungen an der Marktstabilitätsreserve. Ziel bleibt weiterhin, die Emissionen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Eine Verzögerung beim ETS2 soll laut Kommission das 2030-Ziel von minus 55 Prozent nicht gefährden.
Kurzfristig wirkt die neue Flexibilität preisdämpfend: Ein Teil der Minderung verlagert sich ins Ausland, und die spätere ETS2-Einführung verzögert zusätzliche Nachfrage. Allerdings geht es um das Klimaschutzziel 2040, so dass der Effekt mittelfristig begrenzt ist. Entscheidender bleibt die starke Nachfrage der Spekulanten. Selbst die Aufweichung des Klimaschutzziels reicht offensichtlich nicht für eine Reduzierung der rekordhohen Long-Position der Investmentfonds aus. Zudem sind die Preise des EU-ETS2 bereits im Oktober stark gefallen, als die geplanten Maßnahmen gegen zu hohe Kosten publik wurden, und seitdem haben sich die Futures wieder spürbar erholt.
Fazit: Kurzfristig neutral bis leicht bearish, mittelfristig sind die Auswirkungen eher begrenzt.